Seitenverhältnis: Raus aus der 16:9 Comfort Zone?

Trends alleine dürfen dir die Entscheidung für das richtige Seitenverhältnis nicht abnehmen. Wes Anderson und Xavier Dolan machens vor: Wie man mit der Wahl des Seitenverhältnisses die Wirkung der Geschichte aufs Publikum steuert

 

Wagt man es also, über den 21:9 Rand hinauszuschauen oder auch hineinzuzoomen, tun sich Welten auf, die einiges zu bieten haben.

 

“Cinema is a matter of what’s in the frame and what’s out.”
– Martin Scorsese

 

Wer sagt eigentlich, dass man sich für ein Seitenverhältnis entscheiden muss? Schon mal mehrgleisig gefahren? Mach es wie Wes AndersonXavier Dolan & Co. und gib deinem Werbefilm den Raum, die ihm geschenkte Aufmerksamkeit in vollen Zügen zu genießen. Dafür muss eben manchmal mehr als ein Seitenverhältnis herhalten.

Ein Werbefilm. Mehrere Seitenverhältnisse.

Wie der Wechsel zwischen mehreren Seitenverhältnissen in ein und demselben Film funktionieren kann, schaut man sich am besten bei den großen Filmemachern ab.

 

In “Grand Budapest Hotel” verwandelt Wes Anderson die verschiedenen Bildformate in Timeline-Guides. Dadurch wissen die Zuseher auf welchem Abschnitt der Timeline die Handlung gerade stattfindet. Wie es zu der Idee gekommen ist, erzählt der Regisseur in folgendem Interview: 

Weil quadratisch nicht nur praktisch sein kann

Wunderkind Xavier Dolan geht mit den Konventionen in der Filmemacherszene sehr locker um. Deshalb haut er sie mit seinem Film „Mommy“ einfach über den Haufen und dreht ihn im 1:1 Format. Nur in vereinzelten Szenen wechselt er auf Breitwandformat. Damit ist er der erste Regisseur aller Zeiten, der dieses Format auf wunderbare Weise in Szene setzt.

Möchte man wirklich verstehen, warum er sich für ein 1:1 Seitenverhältnis entschieden hat, muss man sich den Film ansehen. In einem Interview startet Dolan Erklärungsversuche:

 

„I just wanted to shoot portrait aspect ratio that would allow me to be very close to charactersavoid distractions to the left and right of the frame and have the audience look the characters right in the eye.

[…] it seems a more humble and private format, a little more fitting to these lives we’re diving into. Cinemascope [2.35:1] would have been extremely pretentious and incompatible for Mommy. […]“

Für Film funktionierts. Warum nicht auch in der Werbebranche? Wenn das Konzept passt, kann der Bildformatwechsel einzelne Nuancen der Geschichte zum Vorschein bringen, die sonst verloren gehen würden.

 

Auffallen wird man mit so einem Werbefilm allemal. Denn, selbst wenn man danach sucht, kommen einem Spots mit einem unüblichen oder gleich mehreren Seitenverhältnissen kaum unter.

Letterboxing recht Royal

Wie man verschiedene Seitenverhältnisse in einen Werbefilm so ausgefuchst integriert, dass man dafür auf schwarze Balken verzichten kann und die Seitenränder direkt ins Bild integriert, zeigt uns -wer, wenn nicht er – Fantastic Mr. Wes mit „Come Together“ für H&M.

Expedition Seitenverhältnisse

Es müssen aber nicht gleich mehrere Bildformate in einen Film gepackt werden. Obwohl die Möglichkeiten sehr vielseitig sind, werden sie doch recht einseitig genutzt. Was für jene, die sich doch drüber trauen und aus der 16:9 Comfort-Zone ausbrechen, magische Folgen haben kann.

 

Und wer unter den allmächtigen Werbefilmen des Super Bowls auffallen will, der kann ein bisschen Magic vielleicht gar nicht mal so schlecht gebrauchen. Mit einer – sowohl was den Inhalt als auch das Format angeht – einschneidenden Kampagne, kommt die magische Wirkung bei Jeep im Jahr 2016 so richtig zum Einsatz.

Warum sie sich bei “Portraits” für ein vertikales Video mit einem Seitenverhältnis von 7,7:9 entschieden haben, ist für die Macher offensichtlich. Die Zuseher sollten den Menschen in die Augen schauen, um die Geschichten, die diese erzählen, zu entdecken.

 

Die positive Begleiterscheinung: Der Werbefilm macht sich auf mobilen Geräten ausgezeichnet und ist – nicht ganz zufällig – wie für YouTube und Facebook geschaffen.

IMAX und Werbung:

Wenn es ums Blicke auf sich ziehen geht, hat es auch das IMAX-Format faustdick hinter den Ohren. Im Juli 2016 eroberte zum ersten Mal ein Werbefilm dieser Größe die Bildschirme. Und zwar vom Kamera- und Projektionsunternehmen IMAX höchstpersönlich.

Auch für dieses Seitenverhältnis kann man sich einiges von Blockbustern wie „The Dark Knight“„Apollo 13“ und „Interstellar“ abschauen.

 

In„The Dark Knight“ wird mit dem Wechsel auf IMAX vor Kampfszenen Spannung erzeugt und die Erwartungen des Publikums gesteigert.

 

„Apollo 13“ und „Interstellar“ setzen das Weltall mit IMAX in Szene und verstärken so den Eindruck der unendlichen Weite, während die Raumschiff-Aufnahmen im 16:9 Verhältnis gehalten sind.

TV Standard 16:9

Würde es das gute, alte 16:9 Seitenverhältnis nicht geben, wären wohl auch schon die letzten davor gefeiten der Fake-News-Panik verfallen. It’s true.

 

Denn Content, der nicht ganz so filmisch daher kommen, sondern sich echt anfühlen und die Realität widerspiegeln soll, macht sich in diesem Format besonders gut. Das hören die Köpfe hinter dieser Kampagne bestimmt nicht zum ersten Mal:

Drama, Drama, Drama

Im Gegensatz zum Standard-Format steht Cinemascope mit 21:9. Ob Big-Budget oder Sci-Fi, Hauptsache Drama. Soll ein Werbefilm möglichst tief unter die Haut gehen – und das sollen die meisten – wird einem Cinemascope ans Herz gelegt.

 

Neu ist das nicht. Auffallend auch nicht. Aber seine Zwecke erfüllt es trotzdem. Den Beweis dafür liefert das Bauunternehmen 84 Lumber beim Super Bowl 2017:

So holt die Vergangenheit die Werbung ein

Worüber man heutzutage viel seltener stolpert, ist das Seitenverhältnis 4:3. Möchte man die Zuseher auf eine Reise in die Vergangenheit (Nostalgie-Schauer inclusive)  einladen, ist man mit dem “Academy”-Filmbild, oder nicht ganz so elegant, auch Normalbild genannt – gut beraten.

Bis 1950 wurden nahezu alle Filme in diesem Format gekleidet. Die Note des 20. Jhd., die es dadurch aufsaugte, wurde es bis heute nicht mehr los und so versprüht es immer noch seinen Charme, sobald es am Bildschirm erscheint.

Deshalb ist es kein Zufall, dass der Werbefilm „Wireless Bra“ von Droga5 bei Adweek den Titel „[…] a Delicious, Diverse Romp Down Advertising’s Memory Lane“ aufgedrückt bekommt und mit folgenden Worten beschrieben wird:

„This work serves almost as a tribute to a lost time, when great ads were mostly TV-based fantasy sequences that didn’t have to work so hard to explain themselves to a socially connected world.“

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Dass das Seitenverhältnis dabei kein Glückstreffer war, ist anzunehmen. Genauso wie bei “Every Other Week”, dem Ikea Werbefilm, der mit dem Ziel der Realität näher zu kommen, ebenfalls im 4:3 Seitenverhältnis produziert wurde. (Mehr über den Ikea-Marketing-Mix gibts hier.)

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Also: 1:1 – 4:3 – 7,7:9 – 16:9 oder doch 21:9? Wir fassen noch einmal zusammen:

Stimmen, die von einem “rise of vertical video” sprechen, werden immer lauter. Dahinter stecken treibende Kräfte wie Snapchat und Facebook – Plattformen, die hauptsächlich mit mobilen Geräten besucht werden. Und das ziemlich oft. Von Millionen Usern, die täglich Content konsumieren.

Und zwar am liebsten solchen, der sowohl auf ihre Interessen als auch auf ihre Gewohnheiten angepasst ist. Zu diesen Gewohnheiten zählt eben, dass man sein Handy vertikal in der Hand hält. Und das, laut dem Mobile Overview Report, sogar 94% der Zeit, die wir uns mit dem Handy beschäftigen.

Möchte man mit seinen Videos also am Puls der Zeit sein, heißt es mitziehen mit den großen Marken und Medienhäusern, die bereits ein Produktionsprogramm fahren, das maßgeschneiderte Videos für digitale Kanäle vorsieht.

Und als Draufgabe noch ein special Take-awaydamit jeder Film ins richtige Format gesteckt wird (rechte Maustaste, Bild speichern unter und schon gehört es dir):

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